Good Bye Lenin

Spreewaldgurken verzweifelt gesucht: In der skurrilen Wende-Komödie von Wolfgang Becker lebt der Nierentisch-Sozialismus wieder auf

Ein Segen, dass Honecker nicht mehr erleben muss, wie respektlos hier die DDR durch die Club-Cola gezogen wird. Wolfgang Beckers hinreißende Tragikomödie erzählt von einer Kommunistin (Katrin Saß), die den Mauerfall im Koma verschläft und nach ihrer Genesung von der Familie (u. a. Daniel Brühl) im Glauben gelassen wird, die DDR existiere noch. Lustiger, als die Stasi erlaubt.
Die verdiente Genossin des Volkes traut ihren Augen nicht. An der Plattenbaufassade gegenüber entrollt der Klassenfeind ein Werbebanner für ein imperialistisches Kaltgetränk. In aller Öffentlichkeit! Am helllichten Tag! Was erlauben die sich? Da soll doch gleich der Erich dreinschlagen! Die nach einem Herzinfarkt aus einem mehrmonatigen Koma erwachte Volksgenossin kann ja nicht ahnen, dass ihr geliebter Arbeiter- und Bauernstaat in der Zeit ihrer geistigen Abwesenheit in die Grube gefahren ist. Es sind wenige Monate nach dem Mauerfall, Kohl hat die beiden Deutschlands in eine gemeinsame Zukunft gegrölt, nur Mutter Christiane hat von all dem nichts mitbekommen. Weil der Arzt ihr aber strikte Ruhe verordnet hat und sie die Nachricht vom DDR-Crash kaum verkraften dürfte, tun ihre Kinder, die Nachbarn und alle Freunde so, als würde die DDR nach wie vor existieren. Was gar nicht so leicht ist, wenn neuerdings überall Coca-Cola-Fahnen rumhängen.
"Good Bye, Lenin!", der neue Film von Wolfgang Becker ("Das Leben ist eine Baustelle"), ist eine wunderbar ausgewogene Mischung aus zärtlicher Groteske und hintersinniger Zeitspiegelung. Die liebenswerte Farce atmet den Charme britischer Arbeiterkomödien und ist mit "Heidi M."-Darstellerin Katrin Saß, Daniel Brühl und Florian Lukas ("Absolute Giganten") erstklassig besetzt. Und die nachgestellten Szenen der DDR-Tagesschau "Aktuelle Kamera" sind so putzig, dass man sie fast schon wieder vermisst.

Dieser Film könnte Ihnen gefallen, wenn Sie "Sonnenallee" und "Brassed Off" mochten.
Komödie, D 2003, 120 Min.
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