Harry Potter und der Feuerkelch

Der Zauberlehrling wächst an seinen Aufgaben - und seine Fans hoffentlich mit ihm. Die Prüfungen des Trimagischen Schulturniers, Harrys Kampf mit einem Drachen und die erste Konfrontation mit dem grausigen "Du weißt schon wer" sind für Kinder kaum geeignet, ziehen Volljährige aber umso mehr in ihren Bann.
Während seines vierten Jahres auf der Zauberschule Hogwarts muss Harry einige lebensgefährliche Prüfungen überstehen. Das wird zum Teil so drastisch gezeigt, dass Kinder in diesem Film rein gar nichts verloren haben.
Ein beängstigender Drache, dessen feuriger Atem den sicheren Tod verheißt. Unterwasser-Monster mit grässlichen Tentakeln. Die Auferstehung von Harry Potters Erzfeind, des grausamen Lord Voldemort - auf eine Weise, die Dr. Frankenstein entzückt hätte. Das sind nur einige Horror-Höhepunkte des vierten Abenteuers rund um das Zauberinternat Hogwarts. Für Eltern, die ihren Sprösslingen unter zwölf Jahren erlauben, diesen Film anzuschauen, sollte man die Prügelstrafe einführen. Die US-Zensur, drastischen Szenen gegenüber grundsätzlich toleranter eingestellt als deutsche Jugendschützer, gibt das Abenteuer erst ab 13 Jahren frei. Das ist in Amerika bei einem "Harry Potter"-Film noch nicht vorgekommen. Produzent David Heyman und sein Drehbuchautor Steve Kloves setzen offensichtlich darauf, dass die Fans mit ihrem Helden älter geworden sind und nach härterem Stoff verlangen.
So wurden die humorvollen Momente aus Joanne K. Rowlings Buchvorlage kaum übernommen, Nebenfiguren wie die schrullige Hauselfe Winky fehlen völlig. Die Zuckerwatte der ersten beiden Teile und die Poesie des dritten haben einer gewissen Kälte Platz gemacht, die ein zünftiger Schocker ja auch braucht. Düster geht es schon los: Harry albträumt, dass der schreckliche Lord Voldemort seine Rückkehr in Menschengestalt vorbereitet und dafür über Leichen geht. Die Freude bei der anschließenden Quidditch-Weltmeisterschaft wird durch die Anhänger des dunklen Fürsten, die so genannten Todesser, jäh zerstört. Und in der Schule bestimmt ein magischer Feuerkelch ausgerechnet Harry zum Hogwarts-Vertreter beim internationalen Trimagischen Turnier. Dabei ist Zögling Potter nach den Regularien noch zu jung und hat panische Angst vor den gefährlichen Aufgaben. Statt wie früher der Zauberunterricht dominieren nun die Turnierprüfungen das Schuljahr und somit den Film: Harry tritt gegen eine Zauberschülerin aus Frankreich, ein Sportass aus Rumänen und gegen seinen Mitschüler Cedric Diggory an. Die letzte dieser Prüfungen entpuppt sich allerdings als Falle: Plötzlich steht Harry seinem ärgsten Widersacher gegenüber. Man kann es bedauern, dass sich der vierte "Harry Potter" so deutlich vom Geist der vorigen Filme entfernt hat. Schließlich gab es in jenen nicht nur kindgerecht spannende Abenteuer, sondern auch die Betonung klassischer Werte: Disziplin, Moral und positive Autorität. Pädagogen freuten sich über die indirekte Erziehung des jungen Kinopublikums durch das Hogwarts-Vorbild. Man kann es aber auch begrüßen, dass die auf sieben Teile angelegte Reihe in ihrer Mitte nun zu neuen Ufern aufbricht. So werden selbst erwachsene Gruselfans ihre Freude an den unheimlichen Szenarien haben - gekrönt durch die beängstigend gute Performance von Ralph Fiennes als Voldemort. Entwickelt er die Figur entsprechend
weiter, wird man sie bald mit legendären Bösewichten wie Hannibal Lecter vergleichen. Und letztlich gibt es neben allen Horrorelementen auch eine Sequenz fürs Gemüt: Zu Ehren zweier Schulen, die für das Trimagische Turnier zu Gast sind, richten die Lehrer von Hogwarts einen großen Ball aus. Das Hinfiebern auf dieses Ereignis, die Selbstüberwindung der Jungs beim Auffordern der Mädchen und schließlich der Spaß, als die Band nach dem Walzer auf Rock 'n' Roll umschwenkt - all dies lässt die Herzen junger wie älterer Zuschauer höher schlagen.
Fazit: Mit Bildern voll gruseliger Fantasie ist das vierte "Harry Potter"-Spektakel ein perfekter Schocker für reife Teenager - aber keinesfalls für Kinder! Fantasyabenteuer, USA 2005 Copyright: Cinema |